Staatennamen mit bestimmtem Artikel
Nichtmuttersprachlern sind sie ein Graus: die Artikel. Sie kennzeichnen, welches grammatische Geschlecht (Genus) ein Substantiv hat. Und Deutsch gehört nun einmal zu den Sprachen, die drei Geschlechter unterscheiden: das Maskulinum, das Femininum und das Neutrum.[1] Ob man „der“, „die“ oder „das“ verwenden muss, lässt sich in den seltensten Fällen vom natürlichen Geschlecht des Bezeichneten ableiten (Beispiel: „die Frau“ ist sowohl grammatisch als auch semantisch weiblich, „der Mensch“ ist grammatisch männlich, semantisch aber geschlechtsneutral).[2] Da heißt es leider: auswendig lernen! Denn die Zuordnung von Genera zu Substantiven ist – wie die Beziehung zwischen Ausdruck und Inhalt generell – willkürlich (arbiträr).[3]
Auch Ländernamen haben ein Geschlecht
Geografische Eigennamen wie Orts-, Fluss-, Berg- und eben auch Ländernamen sind Substantive, haben also ein Geschlecht und demzufolge entsprechende Artikel.[4] Warum das nicht auffällt? Weil im Deutschen über 80 Prozent der Staatennamen Neutra sind und ohne Artikel stehen.[5] Er taucht nur im Zusammenhang mit sogenannten Attributen auf (Beispiel: „das winterliche Kanada“).
Dass es trotzdem einige wenige weibliche und männliche Staatennamen gibt, wird häufig auf mythologische, historische oder geografische Eigenheiten zurückgeführt. Letztlich aber sind die Ursprünge ungeklärt. So ist Brasilien beispielsweise auf Deutsch sächlich, auf Italienisch männlich („Brasile“) und auf Polnisch weiblich („Brazylia“). Fest steht, dass die männlichen und weiblichen Staatennamen laut Duden einen bestimmten (definiten) Artikel benötigen. Gleiches gilt für Länderbezeichnungen, die ausschließlich in der Mehrzahl auftreten (siehe Tabelle).[6] Werden Sätze gebildet, sind diese Artikel natürlich grammatisch anzupassen (Beispiele: „Im Libanon wachsen Zedern.“ / „Mein Nachbar kommt aus der Schweiz.“ / „Die EU verhandelt mit den USA.“).
männliche Namen |
Weibliche Namen |
Pluralische Namen |
der Irak |
die Côte d’Ivoire / die Elfenbeinküste |
die Bahamas |
der Iran |
die Mongolei |
die Malediven |
der Jemen |
die Schweiz |
die Niederlande |
der Kongo |
die Slowakei |
die Philippinen |
der Kosovo |
die Türkei |
die Seychellen |
der Libanon |
die Ukraine |
die Vereinigten Arabischen Emirate |
der Niger |
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die Vereinigten Staaten von Amerika / die USA |
der Oman |
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der Senegal |
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der Sudan |
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der Vatikan |
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Bleibt die Frage, warum die männlichen Staatennamen in den Medien immer öfter ohne Artikel verwendet werden. Der Duden verweist hier auf die Empfehlungen des Auswärtigen Amtes (AA).[7] Das wiederum beruft sich auf den Ständigen Ausschuss für Geographische Namen (StAGN), eine Expertengruppe, die Normen für den offiziellen Sprachgebrauch erarbeitet und regelmäßig Hinweise zur Schreibweise geografischer Namen veröffentlicht. Und so heißt es in der Liste der Staatennamen und ihrer Ableitungen im Deutschen, dass Staaten männlichen Geschlechts wie Staaten sächlichen Geschlechts zu behandeln, also artikellos zu benutzen sind (Beispiel: „die Hauptstadt Iraks“ oder „die Hauptstadt von Irak“).[8] Eine Begründung gibt es nicht; zudem bezieht sich die Empfehlung auf den amtlichen Schriftverkehr.
Quellen:
[1] In welchen Sprachen es keine, zwei oder sogar mehr als drei grammatische Geschlechter gibt, siehe Wikipedia: List of Languages by Type of Grammatical Genders. 29.04.2025, online unter: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_languages_by_type_of_grammatical_genders (Stand: 11.07.2025).
[2] Vgl. Diewald, Gabriele / Steinhauer, Anja: Richtig gendern. Wie Sie angemessen und verständlich schreiben. Berlin: Dudenverlag 2017, S. 18 ff.
[3] Vgl. Hoberg, Ursula / Hoberg, Rudolf: Deutsche Grammatik. Der kleine Duden (Bd. 4). Mannheim/Zürich: Dudenverlag 2009, S. 68 ff. und S. 181 ff.
[4] Vgl. Strecker, Bruno: Stadt – Land – Fluss. Zum grammatischen Geschlecht von Städte-, Länder- und Flussnamen. 06.03.2017, online unter: https://grammis.ids-mannheim.de/fragen/5 (Stand: 09.07.2025).
[5] Vgl. Hoberg/Hoberg, 2009, S. 187 und S. 234.
[6] Vgl. Eisenberg, Peter / Münzberg, Franziska / Kunkel-Razum, Kathrin: Richtiges und gutes Deutsch. Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle. Mannheim: Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG 2017, S. 375 f. und S. 839 ff.
[7] Vgl. Dudenredaktion: Duden. Die deutsche Rechtschreibung. O. J., online unter: https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/Staatennamen (Stand: 22.07.2025).
[8] Vgl. Ständiger Ausschuss für Geographische Namen: Liste der Staatennamen und ihrer Ableitungen im Deutschen. 2024, online unter: https://www.stagn.de/SharedDocs/Downloads/DE/StAGN_Publikationen/231010_STAATENNAMEN_15.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (Stand: 09.07.2025).